Hagen/Altena. Ganze 21 Minuten dauerte der erste Prozesstag am Landgericht Hagen zu dem Messerangriff auf den Bürgermeister der Stadt Altena, Andreas Hollstein. Der Angeklagte gab über seinen Anwalt an, er wollte nur dem Bürgermeister Angst machen, er hätte keine Absicht gehabt ihn zu töten.

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Der Staatsanwalt wirft ihm versuchten Mord aus niederen Beweggründen vor. Über seinen Anwalt ließ der Angeklagte eine Erklärung verlesen. In der gab er an, dass er 1962 in Hagen geboren wurde, dort die Hauptschule besucht und im Anschluss eine Ausbildung als Maurer erfolgreich abgeschlossen habe. “Danach habe ich 15 Monate lang bei der Bundeswehr meinen Wehrdienst abgeleistet.”

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In den 80er Jahren habe der Angeklagte seine frühere Ehefrau kennengelernt und 1989 geheiratet. Kinder sind aus dieser Ehe nicht hervorgegangen. 1997 zog der Angeklagte mit seiner Frau in ein Haus nach Altena, in dem er bis zu seiner Inhaftierung gewohnt habe.

Im Jahr 2000 trennte sich das Paar, da seine Ehefrau, laut Aussage des Angeklagten mit seinem bis dahin besten Freund zusammen gekommen ist. Im April 2017 wurde der Angeklagte von seiner Firma gekündigt, dort hatte er seit 1998 als Maurer gearbeitet. Zu diesem Zeitpunkt soll er bereits unter Depressionen gelitten haben.

“Aufgrund meiner Erkrankung habe ich keine Kraft gehabt, mich arbeitslos zu melden, sodass ich auch kein Arbeitslosengeld erhalten habe”, wird der Angeklagte zitiert. Weil er somit kein Einkommen mehr erhielt, konnte er die Hypotheken für das Haus nicht mehr bezahlen. “Ich verwahrloste, ein Nachbar informierte das Ordnungsamt, sodass ich im August 2017 in die Hans-Prinzhorn-Klinik eingeliefert wurde, in der ich bis etwa Oktober 2017 verblieb.”

In der Hans-Prinzhorn-Klinik wurde sich auch darum gekümmert, dass er Arbeitslosenhilfe nach Hartz IV erhielt. Die Kosten für die Unterhaltung des Hauses konnte er nicht mehr aufbringen und deshalb wurde ihm das Darlehen gekündigt. Seit dem befindet sich das Haus in der Zwangsversteigerung. Im Herbst 2017 wurde ihm das Wasser abgestellt. “Ich war insofern gezwungen, mir täglich Wasser vom Friedhof zu holen. Diese Umstände haben mich immer depressiver werden lassen.”

Der Angeklagte sah für sich keine Perspektiven mehr, da er auch nicht wusste, wie lange er im Eigenheim noch bleiben konnte und er hatte auch keinen Antrieb, um sich um eine Alternative zu kümmern.

Immer wenn er sein Haus verließ, hatte er eine Umhängetasche dabei, in dem sich auch ein Messer befand. Laut der Erklärung befand sich das Messer in der Umhängetasche, da er wegen der Depressionen Angst vor Menschen im Allgemeinen habe.

“Vom Tattag weiß ich nur noch, dass ich ca. 2 Stunden vor Verlassen meines Hauses eine halbe Flasche Scotch getrunken habe, vermischt mit Wasser.” Danach wollte er sich einen Döner holen. Im Imbiss bemerkte er dann eine Person, die vom Gesicht her der Bürgermeister sein könnte, diesen hätte er schon mal in der Zeitung gesehen. Er sprach Hollstein an und fragte, ob er der Bürgermeister sei, der dies bejahte.

Weiter gibt der Angeklagte in der Erklärung seines Anwalts an, dass er sich spontan dazu entschlossen hätte, das Messer aus seiner Umhängetasche zu holen und dem Bürgermeister an dem Hals zu setzen. “Ich hatte zu keinem Zeitpunkt die Absicht, den Geschädigten zu töten, noch nicht einmal zu verletzten. Ich wollte ihm ausschließlich das Messer an den Hals setzen, damit er spürt, wie es ist, wenn man nicht mehr weiß, wie man weiterleben kann. Meine Absicht war ausschließlich, dass der Bürgermeister so wie ich Angst um seine Existenz verspürt.”

Weiter gab er an, er hätte aus verschiedenen Pressemitteilungen mitbekommen, dass der Bürgermeister freiwillig 200 ausländische Mitbürger in die Stadt holen wollte. “Was ich damit verbunden habe, dass diese Personen dann auch entsprechende staatliche Hilfen erhalten.”

Der Angeklagte möchte ausdrücklich betonen, dass er auf keinen Fall ausländerfeindlich gesinnt sei. Er wäre ja auch häufiger in einen Dönerladen gegangen, um sich von den türkischen Inhabern einen Döner zu kaufen. Er wäre auch hin und wieder in Altena in einer Gaststätte gewesen, die von griechischen Mitbürgern betrieben wird. “Hätte ich stattdessen aus der Presse entnommen, dass der Bürgermeister anderen – deutschen – Einwohnern staatliche Hilfe hätte zukommen lassen, dann wäre meine Bezugnahme eine andere gewesen.”

An Einzelheiten seiner Vorgehensweise in dem Dönerladen kann er sich nicht mehr erinnern. “Ich weiß nur noch, dass ich ausschließlich die Absicht verfolgt habe, dass der Bürgermeister die Messerklinge an seinem Hals spüren sollte. Ich wollte mit dem Messer weder schneiden noch stechen, ich war in dem Moment völlig verzweifelt und habe den völlig untauglichen und unsinnigen Versuch unternommen, den Bürgermeister durch diese Tat auf meinen Missstand aufmerksam zu machen.”

Ende Dezember hatte der Angeklagte dem Bürgermeister in einen persönlichen Brief geschrieben und sich bei ihm entschuldigen wollen. Der Anwalt erklärte, dass sein Mandant die Tat bereue und versichere, dass sich eine derartige Tat nicht nochmal wiederholen werde. “Ich bin über mich selbst erschrocken, wie ich mich zu einer derartigen Handlungsweise habe hinreißen lassen können. Anschließend möchte ich nochmals versichern, dass meine Tat keinerlei ausländerfeindliche Bezüge haben sollten und daher auch keinesfalls politisch motiviert war.”

Da sich der Angeklagte nicht weiter zu der Tat eingeben wollte, wurde der erste Verhandlungstag nach 21 Minuten bereits beendet. Der Bürgermeister der Stadt Altena, Andreas Hollstein, ließ sich durch seinen Anwalt vertreten. Weiter geht es am 1. Juni.

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