Iserlohn/Hagen. Die so genannte Abfindungs-Affäre im Iserlohner Rathaus hat ein juristisches Nachspiel: Die Staatsanwaltschaft Hagen hat Anklage gegen den ehemaligen Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens, den ehemaligen Personaldezernenten der Waldstadt, Christian G., und den Ex-Mitarbeiter Ugur Ü. erhoben. Die Anklage wirft ihnen gemeinschaftliche, schwere Untreue bzw. Beihilfe dazu vor. Jetzt muss das Landgericht Hagen entscheiden, ob es die Anklage zulässt und es zu einer Hauptverhandlung kommt.

Damit geht die Auseinandersetzung um eine Abfindung in Höhe von 250.000 Euro, die die Stadt Iserlohn an Ugur Ü. (38) gezahlt hat, womöglich in die nächste Runde. Die Staatsanwaltschaft hält die Zahlung für unnötig und die Höhe für deutlich überzogen und stellt fest: Es habe die Möglichkeit einer Kündigung gegeben und damit für die Zahlung einer Abfindung keinen Grund. Selbst, wenn es zum Rechtsstreit über die Berechtigung einer Kündigung gekommen wäre, wäre gemessen am Gehalt und der Beschäftigungsdauer des Mitarbeiters allenfalls eine Abfindung in Höhe von rund 20.000 Euro angemessen gewesen.


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Missbrauch der Amtsstellung

Die Abfindungszahlung hat inzwischen mit zum Rücktritt von Bürgermeister Peter Paul Ahrens (69) geführt; derzeit führt Finanzdezernent Michael Wojtek die Iserlohner Stadtverwaltung.

Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft habe Bürgermeister Ahrens bei der Gewährung der Abfindung an Ugur Ü. die ihm formal zustehende Befugnis zur Vornahme von Rechtsgeschäften bis zur Höhe von 250.000 Euro ausgenutzt; Ahrens habe aber klar sein müssen, dass diese Abfindung dem Mitarbeiter nicht zugestanden habe. Daher habe der Bürgermeister, ebenso wie der angeklagte Personaldezernent, der den Aufhebungsvertrag unterzeichnet habe, seine Pflichten missbraucht. Beide hätten gegen ihre Amtspflicht verstoßen: Sie hätten mit den öffentlichen Mitteln sparsam umgehen müssen. Wegen der Höhe des Schadens und des Missbrauchs ihrer Amtsstellung geht die Staatsanwaltschaft in ihrer Bewertung von einer gemeinschaftlich begangenen schweren Untreue aus.

Prozess nicht vor Mitte 2020

Dem ehemaligen Mitarbeiter der Stadt, Ugur Ü., wirft die Staatsanwaltschaft  durch die Verhandlungen über die Höhe der Abfindung und die Entgegennahme der Zahlung Beihilfe zur Untreue vor. Ü. soll eine Nettoauszahlung von rund 177.000 Euro auf sein Konto erhalten haben; rund 73.000 Euro habe die Stadt direkt an das Finanzamt gezahlt.

Alle drei Angeschuldigten sind nicht vorbestraft und befinden sich auf freiem Fuß. Gegen den Angeschuldigten Ugur Ü. wurde ein so genannter Vermögensarrest in Höhe von 250.000 Euro angeordnet, um einen möglichen Rückzahlungsanspruch der Stadt Iserlohn zu sichern. Das Gericht wird jetzt die Beschuldigten zu Stellungnahmen auffordern. Sollte das Landgericht – zuständig ist die 9. Große Strafkammer – am Ende die Bewertung der Staatsanwaltschaft teilen und die Anklage zulassen, gehen Insider davon aus, dass die Verhandlung nicht vor Mitte 2020 beginnt.

Elf Dienstjahre, 250.000 Euro Abfindung

Auslöser des Rechtsstreits, der schon hohe Wellen in der Iserlohner Lokalpolitik geschlagen hat: Ugur Ü. ist seit Januar 2008 Mitarbeiter der Stadt Iserlohn gewesen und zuletzt im Ordnungs- und Servicedienst eingesetzt gewesen sein. Im Januar 2019 sei es dann zwischen ihm und der Stadt zu Verhandlungen über eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsvertrags gegen Zahlung einer Abfindung gekommen; nach bisherigen Darstellungen, lag auch der Stadt daran, Ü. los zu werden. Dabei ist eine Abfindung in Höhe von 250.000 Euro ausgehandelt worden. Ü. hat die Stadtverwaltung Iserlohn auch verlassen, war anschließend in Diensten der Stadt Witten (Ennepe-Ruhr-Kreis), soll dort auch bereits wieder ausgeschieden sein.

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