Altena. Für drei Tage ist die Burg Holtzbrinck Ideenschmiede und Austauschbörse auf europäischer Ebene: Altena ist Gastgeber für das Halbzeit-Treffen des Projekts „Volunteering Cities“ innerhalb des EU-Programms „Urbact“. Teilnehmer aus acht Ländern tauschen sich in der Burgstadt über bürgerschaftliches Engagement aus.

Mittwochmorgen, 11. Dezember, gegen 9 Uhr. Stimmengewirr im Georg-von-Holtzbrinck-Saal. Portugiesisch ist zu hören, auch kroatisch. Am meisten aber wird englisch, die internationale Konferenzsprache gesprochen. Herzliche Begrüßungen und Wiedersehensfreude, Hände schütteln und Umarmungen. Nach und nach treffen die Gäste aus Zypern, Portugal, Italien, Spanien, Irland und Kroatien ein. „Die Delegation aus Polen hat Verspätung. Die ist noch auf dem Weg vom Flughafen Dortmund nach Altena“, gibt Anette Wesemann von der Stabsstelle Bürgerschaftliches Engagement im Altenaer Rathaus bekannt. Das Treffen beginnt also erst einmal ohne die Polen, die im Verlauf des Vormittags hinzukommen werden. Sobald deren Delegation da ist, werden es 26 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sein, die in Altena zusammenkommen und ihre vorausgegangenen Treffen und Arbeitseinheiten auswerten und die Weiterarbeit verabreden.


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Kinder helfen älteren Menschen

Im Projekt „Volunteering Cities“ geht es „um den Austausch über Strategien, wie bürgerschaftliches  Engagement organisiert werden kann“, erläutert Anette Wesemann das Anliegen. In Kroatien, berichtet sie, würden schon Kinder im Kindergarten zu älteren Menschen geschickt, um ihnen zu helfen, „zum Beispiel beim Aufräumen“. Oder in Zypern seien, im Vergleich zu Deutschland, bereits sehr viel junge Menschen im bürgerschaftlichen Engagement. „Dagegen ist der Altersdurchschnitt der Mitglieder im Altenaer Stellwerk ziemlich hoch“, zeigt Wesemann die Unterschiede auf; in Deutschland sind es eben häufig diejenigen, die nicht mehr berufstätig sind, die die Zeit und den Ansporn haben, sich für das Gemeinwohl einzusetzen.

“Was können wir voneinander lernen?”

Für Maria Rauch-Joao aus Athienou (Zypern), die das Projekt als „Lead Expert“ koordiniert, lautet die Kernfrage: „Was können wir voneinander lernen?“ Jede der acht Städte soll innerhalb des Austauschs schauen, ob sie Ansätze von den anderen sieben Kommunen im europäischen Ausland übernehmen kann. Nicht alles könne dabei eins zu eins übernommen werden. In Athienou, einer Kleinstadt (6.000 Einwohner) im Bezirk Larnaka, gebe es einen „Rat für bürgerschaftliches Engagement, der so wie ein städtischen Sozialamt oder -referat arbeitet und auch Entscheidungen trifft“. Oder Beispiel Altena: „Hier gibt es das Stellwerk.“ Ob diese Einrichtungen ein Vorbild für andere Städte sein können, auch darum gehe es im Projekt „Volunteering Cities“: Nicht um die Kopie solcher Einrichtungen und Institutionen, sondern darum, ob „Teile oder Elemente davon übertragbar sind auf die jeweils anderen Städte“, so Maria Rauch-Joao im Gespräch mit LOKALSTIMME.DE. Immer mit dem Ziel, bürgerschaftlichen Einsatz zu stärken und die Stadt dadurch lebenswerter zu machen.

Während der drei Tage in Altena bleibt es nicht bei der Theorie, wobei es dabei auch um die wichtige Frage der Finanzierung gehen soll, oder wie sich die Wirtschaft einbringen kann. Am Donnerstag (12. Dezember) steht ein Besuch im Generationentreff in der ehemaligen Grundschule Knerling an, anschließend geht es in den „TauschRausch“-Laden des Stellwerks an der Lennestraße – einem Geschäft, in dem nicht verkauft, sondern ausschließlich getauscht wird. Verbunden ist der Tag mit einem Stadtrundgang samt Fahrt mit dem Erlebnisaufzug hinauf zur Burg inklusive Besichtigung.

Zum Weihnachtsmarkt nach Siegen

Altenas Bürgermeister Andreas Hollstein nannte „Volunteering Cities“ in seiner Begrüßung der Gäste am Mittwoch ein „ehrgeiziges Projekt“. Altena habe „gute Erfahrungen mit bürgerschaftlichen Ideen und Engagement gemacht“, urteilte Hollstein und stellte fest: „Wir brauchen bürgerschaftliches Engagement in ganz Europa“. Bestes Beispiel für die Kooperation auf EU-Ebene und ehrenamtlichen Einsatz sei die Bewältigung der Migration: „Das kann keiner alleine, das kann kein Land alleine, das geht nur in der Zusammenarbeit“. Während Altena bei dem „Urbact“-Projekt “Volunteer Cities” die Rolle des Gastgebers hat, hat Athienou die Aufgabe der Leitung (Lead City). Hollsteins zypriotischer Amtskollege Kyriakos Kareklas kündigte „drei Tage intensives Arbeiten“ an.

Zumindest zum Abschluss, am Freitagabend, gibt es indes einen Programmpunkt abseits des Arbeitsprogramms: Weil aus der Teilnehmerrunde der Wunsch nach einem Besuch eines typischen, deutschen Weihnachtsmarkts im Vorfeld laut wurde, geht es mit dem Zug nach Siegen. „Sie sind leider eine Woche zu spät, sonst hätten sie den kleinen, aber feinen Weihnachtsmarkt in Altena miterlebt“, stellte Bürgermeister Hollstein dazu augenzwinkernd fest.

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